19. Juli 2025
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Täuschend echt – Wie Deepfakes die Glücksspielbranche herausfordern

Es dauert nur wenige Sekunden, bis der Eindruck sitzt: ein vertrautes Nachrichtensetting, professionelle Bildqualität, die Stimme eines bekannten Moderators. Das Video wirkt glaubwürdig – zu glaubwürdig. Denn es ist nicht echt. Das Gesicht ist synthetisch, die Stimme generiert, der Inhalt manipuliert. Hinter dem vermeintlichen Nachrichtenclip steckt ein Deepfake – mit dem Ziel, Nutzer auf illegale Glücksspielseiten zu lenken.

Genau das ereignete sich im Frühjahr 2025: Der britische Nachrichtensender Sky News wurde Opfer eines Deepfake-Skandals. Journalisten des Senders wurden mithilfe künstlicher Intelligenz digital nachgebildet, ihre Gesichter und Stimmen missbraucht, um manipulierte Werbung für nicht lizenzierte Online-Casinos zu verbreiten. Die Clips kursierten über soziale Netzwerke und versteckte Apps, die sich erst nach dem Download als Glücksspielplattformen entpuppten.

Was sind Deepfakes – und warum sind sie problematisch?

Deepfakes sind durch KI erzeugte oder manipulierte Medieninhalte – meist Videos oder Audiodateien –, die reale Personen täuschend echt nachahmen. Grundlage ist ein Verfahren namens Generative Adversarial Networks (GANs), bei dem zwei neuronale Netzwerke gegeneinander arbeiten: Eines generiert Fälschungen, das andere versucht, diese zu erkennen. Das Ergebnis: Inhalte, die sich kaum noch vom Original unterscheiden lassen.

Die Technologie ist nicht neu, aber durch immer leistungsfähigere Tools und öffentlich zugängliche Software werden Deepfakes zunehmend einfacher zu erstellen – und damit missbrauchsanfälliger.

Vertrauensrisiko für eine hochsensible Branche

Die Glücksspielbranche lebt von Kontrolle, Vertrauen und Compliance. Doch genau dieses Fundament wird durch Deepfakes untergraben. Die Bedrohungen sind vielseitig:

  • Identitätsbetrug: KI-basierte Fälschungen von Selfie-Videos oder Ausweisdokumenten ermöglichen es, Identitätsprüfungen (KYC) zu umgehen – insbesondere bei Online-Casinos.

  • Manipulierte Werbung: Deepfakes bekannter Persönlichkeiten kursieren in Werbeanzeigen für Glücksspielangebote – meist für unregulierte oder illegale Anbieter.

  • Gefälschte Spielinhalte: Auch Spielverläufe und Casino-Livestreams können per Deepfake manipuliert werden, um falsche Gewinnversprechen oder hohe Ausschüttungen zu suggerieren.

All diese Formen untergraben nicht nur die Glaubwürdigkeit legaler Anbieter, sondern fördern auch die Präsenz des Schwarzmarkts.

Wer produziert und verbreitet solche Inhalte?

Die Verbreitung von Deepfakes folgt keiner einheitlichen Struktur – wohl aber wiederkehrenden Mustern:

  • Organisierte Cyberkriminalität, oft verknüpft mit Online-Betrug, Phishing und Kryptowährungs-Missbrauch.

  • Affiliate-Betrüger, die durch Klicks, Leads oder Kontoeröffnungen auf illegalen Plattformen Provisionen generieren.

  • Akteure in unregulierten Märkten, die klassische Werbeverbote mit täuschend echten Deepfake-Inhalten umgehen.

Mittlerweile reichen frei verfügbare Tools und wenige Stunden Bearbeitungszeit aus, um täuschend echte Inhalte zu erstellen – selbst ohne tiefere technische Kenntnisse.

Wie lassen sich Deepfakes erkennen?

Trotz wachsender Qualität lassen sich viele Deepfakes anhand typischer Merkmale entlarven:

  • Unnatürliche Mimik, fehlendes oder übermäßiges Blinzeln

  • Asynchrone Lippenbewegungen bei gesprochener Sprache

  • Bildfehler in Übergangsbereichen wie Hals, Haaransatz oder Augen

  • Unglaubwürdige oder fehlende Quellen

  • Inkonsistenter Ton (etwa Hall oder Störungen im Voice-over)

Für technische Analysen stehen inzwischen verschiedene Tools zur Verfügung, darunter Microsofts Video Authenticator, das DeepFake-o-meter der University at Buffalo oder browserbasierte Plugins wie InVID.

Maßnahmen der Branche und regulatorischer Rahmen

Die Bedrohung durch Deepfakes hat auch auf Anbieterseite Reaktionen ausgelöst. Viele setzen inzwischen auf sogenannte Liveness Detection, eine KI-gestützte Technik zur Erkennung echter Bewegungsabläufe bei Verifikationsvideos. Biometrische Verfahren und Verhaltensanalysen ergänzen den Schutz bei der Kontoeröffnung.

Auch auf politisch-regulatorischer Ebene wird reagiert: Die EU-KI-Verordnung verpflichtet Anbieter zur Kennzeichnung synthetisch generierter Inhalte – etwa durch visuelle Wasserzeichen oder Metadaten. Verstöße gelten als Rechtsverletzungen und können sanktioniert werden. Zudem wird der Einsatz manipulativer KI im Verbraucher- und Finanzschutz zunehmend als prioritär betrachtet.

Fazit

Deepfakes sind längst keine Spielerei mehr – sie sind ein realer Risikofaktor für Anbieter, Behörden und Verbraucher im Glücksspielsektor. Sie gefährden die Sicherheit von Verifikationsprozessen, untergraben den Werbemarkt und treiben Nutzer im schlimmsten Fall in unregulierte, gefährliche Angebote.

Die Branche muss daher nicht nur auf technische Abwehrmaßnahmen setzen, sondern auch auf Aufklärung und klare Regeln. Denn in einer Welt, in der künstliche Gesichter fast nicht mehr von echten zu unterscheiden sind, braucht es digitale Wachsamkeit, rechtliche Leitplanken und vor allem eines - kritische Aufmerksamkeit.

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