Der Sport im Spannungsfeld der Wetten:
Am 23. März 2023 verließ Charlotte-Hornets-Guard Terry Rozier während eines regulären Saisonspiels gegen die New Orleans Pelicans bereits im ersten Viertel das Spielfeld – laut Teamangaben aufgrund einer Fußverletzung. Gleichzeitig verzeichneten Sportwettenanbieter auffällige Einsätze auf sogenannte „Under-Wetten“ in Bezug auf Rozier, insbesondere auf „unter zehn Spielminuten“.
Medien wie ESPN berichteten über den Vorfall und spekulierten über einen möglichen Zusammenhang zwischen Verletzung und Wettverhalten.
Konkrete Beweise für eine Manipulation liegen bislang nicht vor. Die NBA erklärte, dass sie den Vorfall untersucht habe und Rozier von jeglichem Fehlverhalten freigesprochen wurde. Dennoch reiht sich der Fall in eine wachsende Zahl von Beobachtungen ein, die zeigen: Die Nähe zwischen Profisport und legalem Glücksspiel führt zunehmend zu Spannungsfeldern – ethisch, wirtschaftlich und rechtlich.
Einer der bekanntesten Fälle in der Geschichte der NBA ist der Wettskandal um den ehemaligen Schiedsrichter Tim Donaghy. Zwischen 2003 und 2007 soll Donaghy nachweislich Spiele beeinflusst haben, auf die er oder enge Bekannte gewettet hatten. Laut den Ergebnissen einer FBI-Untersuchung, die 2007 öffentlich wurde, arbeitete Donaghy mit professionellen Wettpartnern zusammen, darunter James Battista, und beeinflusste durch gezielte Fouls oder Spielverzögerungen den Verlauf von Spielen.
Im Jahr 2008 wurde Donaghy zu 15 Monaten Haft verurteilt. Er gestand, in bis zu 134 Spielen Einfluss genommen zu haben. Die NBA wies spätere Behauptungen Donaghys zurück, wonach auch andere Schiedsrichter beteiligt gewesen sein sollen.
Infolge des Skandals implementierte die NBA ein eigenes Frühwarnsystem für auffällige Wettbewegungen, schärfte ihre Regularien für Schiedsrichterkontakte und führte verpflichtende Compliance-Trainings ein.
Seit das US-amerikanische Supreme Court im Mai 2018 das bundesweite Verbot von Sportwetten kippte, ist ein Milliardenmarkt entstanden. Mittlerweile haben über 30 US-Bundesstaaten Online-Sportwetten legalisiert. Für Sportligen wie die NBA sind Partnerschaften mit Anbietern wie BetMGM, FanDuel und DraftKings zu einem lukrativen Geschäftsfeld geworden.
Die NBA verkauft Offiziellen-Datenfeeds direkt an Wettplattformen – was laut Kritikern eine Abhängigkeit schafft.
Teams und Ligen werben aktiv für Wettanbieter – was Interessenkonflikte verschärfen kann.
Spieler und Funktionäre haben theoretisch Zugang zu sensiblen Informationen, die in Wettmärkten missbraucht werden könnten.
Zahlreiche Sportethiker warnen vor der Grauzone zwischen Vermarktung und Manipulationsanfälligkeit. So berichtete The Guardian über die wachsenden Bedenken hinsichtlich der engen Verflechtung zwischen der NBA und der Glücksspielindustrie.
Im April 2024 wurde Jontay Porter, Spieler der Toronto Raptors, lebenslang aus der NBA ausgeschlossen. Nach internen Untersuchungen der NBA hatte Porter in mehreren Spielen absichtlich seine Leistung reduziert, um bei Wetten auf „unter X Punkte, Rebounds und Assists“ zu profitieren. Zudem soll er Kontakte zu Dritten unterhalten haben, die auf Grundlage seiner Informationen wetteten.
Die NBA bestätigte in einer offiziellen Erklärung, dass Porter gegen fundamentale Prinzipien sportlicher Fairness und Integrität verstoßen habe. Es ist die härteste Disziplinarmaßnahme seit dem Donaghy-Skandal – und ein Signal, dass Manipulationsrisiken trotz Präventionsmaßnahmen real bleiben.
Auch der eingangs erwähnte Fall Terry Rozier wird weiterhin beobachtet. Weder die NBA noch ermittelnde Behörden äußerten sich abschließend, doch die Verbindung zwischen Spielereignissen und Wettbewegungen bleibt ein sensibler Indikator.
Parallel zur Ausweitung legaler Wettmärkte wächst die Debatte um Spielsucht unter Profisportlern. Historische Fälle wie der von Pete Rose in der MLB oder die öffentlich gewordenen Glücksspielverluste von Michael Jordan werfen ein Schlaglicht auf ein Thema, das lange tabuisiert wurde.
Sportpsychologen betonen, dass die Kombination aus Leistungsdruck, Reichtum und Zugang zu Wettmärkten eine erhöhte Vulnerabilität für Spielsucht darstellt – auch in der NBA. The Guardian berichtete über die wachsenden Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von Glücksspiel auf die mentale Gesundheit von Spielern und Trainern.
Die NBA hat auf regulatorischer Ebene Maßnahmen ergriffen:
Einführung einer Integrity Unit zur Echtzeitüberwachung von Wettbewegungen.
Zusammenarbeit mit Überwachungsunternehmen wie Sportradar.
Interne Schulungen für Spieler und Funktionäre über Risiken und Verbote.
Ob diese Schritte ausreichen, um das Vertrauen in den Sport langfristig zu sichern, ist offen. Fest steht: Der Einfluss des legalisierten Glücksspiels auf die NBA wird weiter zunehmen – und mit ihm die Verantwortung, Manipulationen konsequent zu unterbinden.
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